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Rege Debatte zur Anerkennung Palästinas
Begehrensantrag Nr. 5 betreffend die Anerkennung des palästinensischen Staates mit Ostjerusalem als Hauptstadt (eingebracht von den Abg. Köllensperger, Rieder, Ploner Alex und Ploner Franz). Der Regionalrat Trentino-Südtirol fordert das italienische Parlament und die Regierung auf: 1. Eine fristgerechte Behandlung des Gesetzentwurfs AS.1196 sicherzustellen. 2 Palästina als souveränen und unabhängigen Staat anzuerkennen. 3. Alle gesetzgeberischen Initiativen zur Anerkennung Palästinas zu unterstützen und zu fördern, als Beitrag zu einem gerechten und dauerhaften Frieden im Nahen Osten.
Er sei für Israel, aber gegen Netanjahu, für Palästina, aber gegen Hamas, betonte Paul Köllensperger (Team K). Er sei überzeugt, dass die Zwei-Staaten-Lösung die einzige sei. Die Liste der Staaten, die sich dafür ausgesprochen hätten, sei sehr lang. Er spreche nicht von Völkermord, darüber müsse der internationale Strafgerichtshof befinden; sicher aber habe es Kriegsverbrechen gegeben. Er wolle bei diesem Thema nicht parteiisch vorgehen, sei Antrag fuße auf einem Volksbegehren, das von 78.000 Bürgern unterschrieben wurde und das derzeit dem Parlament vorliege. In der Vergangenheit habe sich auch Meloni für die Anerkennung Palästinas ausgesprochen.
Brigitte Foppa (Grüne) sah den Ansatz als richtig. Der 7. Oktober sei ein Schock für die Welt gewesen, aber dann habe man gesehen, wie sich die Dinge entwickelten und man habe auch zurückgeschaut und sich gefragt, wann dieser Konflikt angefangen habe. Auch der Regionalrat könne seinen Beitrag für den Frieden leisten.
Der Antrag stelle das Thema korrekt und unparteiisch, räumte Mirko Bisesti (Lega) ein. Von der Linken, etwa von einem Kammerabgeordneten des PD, habe man oft ganz andere Töne gehört. Diesen Antrag könne man in weiten Teilen unterstützen.
Bernhard Zimmerhofer (Süd-Tiroler Freiheit) wunderte sich über diese Initiative über einen Konflikt, der weit weg sei und auf den man keinen Einfluss habe. Es gebe hierzulande Wichtigeres, etwa die Autonomiereform. Er frage auch, wo die Solidarität mit den verfolgten Christen in aller Welt bleibe. Köllensperger fordere für die Palästinenser das Selbstbestimmungsrecht ein; das sollte man auch für Südtirol fordern.
Paolo Zanella (PD) erinnerte daran, dass der Trentiner Landtag parteiübergreifend die römische Regierung aufgefordert habe, Palästina anzuerkennen. Gerade von dieser Region, in der verschiedene Völker ein Auskommen gefunden hätten, sollte eine solche Botschaft ausgehen. Die vorhin angesprochene PD-Abgeordnete habe von einem Staat gesprochen, in dem alle Völker respektiert werden, nicht von einer Auslöschung Israels. s
Francesco Valduga (Campobase) sah den Antrag ebenfalls als unparteiisch und kritisierte den Angriff des Lega-Vertreters gegenüber der Linken; es sei nicht diese, die seinerzeit die Rassengesetze verabschiedet habe. Man habe den Anschlag vom 7. Oktober gesehen, aber auch die Reaktion Israels. Heute gehe es um einen Akt der Humanität, und es sei nicht wahr, dass der Regionalrat in dieser Sache nichts ausrichten könne. Die Zwei-Staaten-Lösung sei die einzig realistische.
Zeno Oberkofler (Grüne) kritisierte Bisesti, der das Thema zu Polemiken verwende. Die Massenproteste auf den Plätzen sei wichtig gewesen für die Sensibilisierung, inzwischen würden mehrere europäische Staaten Palästina anerkennen. Gerade diese Region müsse ein Gespür für Minderheiten haben. Derzeit gebe es noch keinen Frieden, der Waffenstillstand sei mehrmals gebrochen worden. Der Regionalrat könne gerade in diesem Moment ein wichtiges Zeichen setzen.
Es sei für diese Region, die eine Lösung für ihre Minderheiten gefunden habe, eine Pflicht, zu diesem Thema Stellung zu nehmen, meinte Andrea de Bertolini (PD). Man müsse vom Rachegedanken abkommen und nach den Kriterien des internationalen Rechts und der Gerechtigkeit vorgehen, dem Selbstbestimmungsrecht der Völker.
Der 7. Oktober sei ein Schock gewesen, doch dann habe man die Reaktion Israels gesehen, erklärte Franz Ploner (Team K). Zahlreiche Menschenrechtsverletzungen seien festgestellt worden, nicht nur von der UNO. Viele Länder sähen die Anerkennung Palästinas als wichtigen Beitrag für den Frieden, andere sähen darunter nur Symbolpolitik. Mehr als zwei Drittel der UN-Mitgliedsstaaten hätten Palästina anerkannt, darunter Frankreich und Großbritannien, aber Italien noch nicht. Eine Anerkennung gebe den Palästinensern Hoffnung auf Selbstbestimmung in einem Staat neben Israel.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) bezeichnete die Debatte als interessant für die Selbstbestimmungsfrage. Die Annexion des Westjordanlandes sei von vielen Staaten als völkerrechtswidrig bezeichnet worden, aber Konsequenzen habe es keine gegeben. Er befürchte dasselbe bei der Anerkennung Palästinas. Europa habe nicht einmal einen Lebensmitteltransport nach Gaza durchgesetzt. Auch Katalonien, das sich für seine Selbstbestimmung ausgesprochen habe, sei von keinem europäischen Staat anerkannt worden. Knoll kritisierte diese Doppelmoral auch in Zusammenhang mit der Krim oder mit Südtirol. Wichtiger sei die Anerkennung der Minderheitenrechte als die Anerkennung eines fiktiven Staates.
Lucia Maestri (PD) unterstützte den Antrag und teilte Köllenspergers Meinung, dass Israel nicht mit Netanjahu gleichzusetzen sei und Palästina nicht mit Hamas. Diese beiden Extremisten hätten ihre Völker in den Ruin geführt. Fehler und Verbrechen habe es auf beiden Seiten gegeben. Der Waffenstillstand sei ein erster Schritt. Leider sei Italien noch nicht bereit, Palästina anzuerkennen. Sie erinnerte Bisesti daran, dass erst der Vizesekretär der Lega, Vannacci, die Rassengesetze verteidigt habe.
Harald Stauder (SVP) dankte dem Team K dafür, das Thema in den Regionalrat gebracht zu haben. Er glaube nicht, dass Palästina für den Regionalrat kein Thema sei. Auch hier sei man an der Ursache beteiligt gewesen, dass die Juden nach Palästina auswandern mussten. Die Gleichsetzung von Hamas und Netanjahu lehne er ab, letzterer sei demokratisch gewählt, erstere sei eine Terrororganisation. Die Zweistaatenlösung sei von der UNO mit breiter Mehrheit beschlossen worden, von Israel akzeptiert, aber von den Palästinensern bekämpft worden. Israel sei von den Nachbarländern immer wieder angegriffen worden, und Abkommen wie jenes von Camp David seien immer wieder von den Palästinensern gebrochen worden. Man dürfe nicht Aggressor und Verteidiger verwechseln. Natürlich brauche es auch auf israelischer Seite Kompromissbereitschaft. Man stehe zum demokratischen Staat Israel, aber man müsse auch klar machen, dass es so nicht weitermachen dürfe.
Auf Antrag von Stauder wurden die Arbeiten für eine Fraktionssprechersitzung unterbrochen. Die Debatte wird am Nachmittag um 14.30 Uhr fortgesetzt.
Videoaufnahmen von der Sitzung am 12.11.2025 Vormittag (Regionalrat/Gnews):
https://we.tl/t-L79xMdq6ml
