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Leibrenten und Diäten - Abschluss der Generaldebatte
Am Nachmittag wurde die Generaldebatte zu den vier Gesetzentwürfen zu Leibrenten und Entschädigungen der Abgeordneten wieder aufgenommen.Es sei ein politischer Gesetzentwurf, stellte Walter Blaas (Freiheitliche) fest, glücklich werde niemand damit. Dennoch wolle seine Fraktion Verantwortung zeigen und den Entwurf mittragen. LH Kompatscher habe eine Lösung binnen drei Wochen versprochen, aber diese Frist sei längst um. Zur Rückzahlung der 212.000 Euro an Sozialabgaben erklärte Blaas, dies könne durch eine Interpretation des Gesetzes von 2012 nicht gelöst werden. Der Entwurf der 5-Sterne-Bewegung, die bei den Kommissionsarbeiten durch Abwesenheit geglänzt habe, sei übrigens durch ein Mail vom Server der Firma Röchling übermittelt worden, was Fragen aufwerfe.
Einigen sei es nicht ganz bewusst, was es bedeute, ein Gesetz rückwirkend zu ändern, erklärte Veronika Stirner Brantsch (SVP). Römische Rechtsexperten hätten darauf hingewiesen, dass es eine authentische Interpretation nur in Italien gebe, umso vorsichtiger müsse man damit umgehen. Mit den Gesetzentwürfen 8 und 9 wolle man geltende Bestimmungen wieder rückgängig machen, und zwar auf Druck der Medien, was kein gutes Motiv sei. Mit sachlichen Argumenten könne man sich auseinandersetzen, aber nicht mit dem Pöbel und den Ignoranten, die sich in einigen Internetforen geäußert hätten. Stirner Brantsch kritisierte auch einige Kollegen im Regionalrat, die mit ihren Äußerungen das Maß des Erträglichen überschritten hätten. Niemand habe etwas gestohlen, und jetzt habe man den Auftrag, eine tragbare Lösung zu finden. Sie habe im Präsidium gegen den Gesetzentwurf gestimmt, weil sie mit bestimmten Artikeln nicht einverstanden sei. Auch Rentenexperten hielten die Abzinsungstabellen der Banca d’Italia für nicht geeignet, da sie für andere Zwecke erdacht wurden. Sie wehre sich gegen den Begriff “Vorschüsse”, es handle sich um die Auszahlung angereifter Guthaben. Mit den genannten Abzinsungstabellen würden die, die in den letzten Jahren eingezahlt hätten, am meisten draufzahlen. Viele Kollegen spielten sich als Richter auf, ohne sich näher mit der Materie zu beschäftigen. Die Gewerkschaften verlangten derzeit, dass 100 Landesbeamte mit 62 und ohne Abzüge in Pension gehen könnten, den Abgeordneten werde dies nicht einmal mit Abzügen zugestanden. Bei jedem Systemwechsel gebe es Übergangsbestimmungen, daher sollten sie auch hier möglich sein. Wenn ein Abgeordneter wie Dello Sbarba zum Lehrberuf zurückkehre, habe er den Nachteil der entgangenen Vorrückungen; auch solche Fälle seien zu bedenken. Eine authentische Interpretation müsse dem Prinzip der Vernünftigkeit folgen, wenn nicht, dann werde es den Rekursen nicht standhalten.
Er mache nun bereits die fünfte Rentenreform mit, erklärte Walter Viola (Progetto Trentino), und jedes Mal sei es als die ultimative Reform verkauft worden. Das Gesetz von 2012 habe breite Zustimmung bekommen, wobei niemand gewusst habe, wie es umgesetzt würde, wobei er die lauteren Absichten von Präsidentin Thaler nicht in Frage stelle. Aber es habe auch niemand protestiert, als er den genauen Betrag erfahren habe. Er warnte wie Eva Klotz vor Schnellschüssen, die rechtlich nicht halten. 2012 habe man als einzige Region Italiens auch die bestehenden Leibrenten reformiert - und daraus seien alle Schwierigkeiten entstanden. Er appellierte an alle, ihren Beitrag zu leisten, um zu einer tragbaren Lösung zu kommen.
Auf Antrag von Alessandro Urzì wurde die Sitzung für eine Beratung unter den Fraktionen der Opposition unterbrochen.
Walter Kaswalder (PATT) zeigte Verständnis für Urzìs Einwände, der immerhin seine vierte Legislatur absolviere. Aber die beiden Gesetzentwürfe seien keine Strafen, sondern ein Versuch, die Dinge wieder an die Normalität heranzuführen. Das mit den erworbenen Rechten sei so eine Sache. Er habe in den Achtzigern seinen Dienst angetreten und sei von 35 Arbeitsjahren bis zur Pension ausgegangen - aber die Regierung habe das Rentenalter in der Zwischenzeit mehrmals erhöht. Der Entwurf sehe einen vorgezogenen Ruhestand bei 3 Prozent Abzug pro Jahr vor - dies sei ein vernünftiger Vorschlag. Es gehe um 57 Mio. Euro für 87 Personen. Es müsse eine Möglichkeit zur Korrektur geben, wenn etwas überzogen. Wenn von den 57 Mio. nun 30 Prozent abgezogen würden, bleibe immer noch ein ansehnlicher Betrag. Kaslatter fragte die Betroffenen, wie viel sie während ihrer Abgeordnetenzeit eingezahlt hätten. In der Öffentlichkeit sei bereits der Eindruck entstanden, man rudere bei der Reform zurück, aber man müsse aufpassen, dass die Reform auch rechtlich halte. Die 5 Sterne Bewegung wolle noch weiter gehen, aber man müsse in dieser Frage einen Kompromiss finden.
Kaswalder mache es sich zu einfach, entgegnete Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit). Es habe keinen Sinn, über eine fragwürdige Methode Einsparungen zu erzielen, denn diese würden vor Gericht keinen Bestand haben. Eine rückwirkende Änderung sei jedenfalls ein schlechtes Signal an die Bevölkerung, die sich ihrer Renten nicht mehr sicher sei. Die Südtiroler, und wahrscheinlich auch die Trentiner, würden jährlich mehr in das Rentensystem einzahlen als sie davon bekämen - dagegen protestiere niemand. Die Region wolle jenen Abgeordneten, die den ausgezahlten Betrag bereits ausgegeben hätten, den Gerichtsvollzieher schicken - dies sei nicht vertretbar, vor allem gegenüber jenen, die bei Verabschiedung des Gesetzes nicht mehr im Regionalrat waren.
Außer Kaswalder hätten alle das geltende Gesetz von 2012 verteidigt, stellte Filippo Degasperi (5 Sterne Bewegung) fest, daher frage er sich, wozu man heute überhaupt zusammengekommen sei, wenn dieses Gesetz so gut sei.
Der Skandal seien nicht die Rückzahlungen, sondern die Leibrenten, die auch der PATT mitgetragen habe, kritisierte Claudio Civettini (Lega Nord). Bei diesem Thema dürfe man nicht herumspielen, man müsse Lösungen finden. Im Trentino habe es immer Geld und Posten für alle gegeben. Die Mehrheit habe die Pflicht, eine Lösung vorzuschlagen, damit man dann wieder zu den Themen übergehen könne, die die Bürger beträfen.
Andreas Pöder (gemischte Fraktion) präzisierte, dass sein Antrag zur Tagesordnung ein Privileg abschaffen wolle, nämlich jenes der Neugewählten von 2008. Pius Leitner fragte Degasperi, ob er seinen Entwurf konsequenterweise zurückgezogen habe. Degasperi verneinte dies.
Giacomo Bezzi (Forza Italia e Team Autonomie) erinnerte daran, dass auch die Gewerkschaften das Gesetz von 2012 für gut befunden hätten. Der Regionalrat hätte sich mit seiner Zukunft und mit den zukünftigen Kompetenzen der Region zu befassen, statt immer noch über die Renten zu reden. Er wolle der Demagogie nicht folgen, ein Politiker sollte angemessen bezahlt werden. Die Reform sei gut gewesen, ihre Umsetzung nur zum Teil. Man dürfe nun aber nicht den lautesten Protesten folgen. In zwei Jahren werde es auch gegen das heutige Gesetz Proteste geben.
Die Replik der Einbringer
Ihr Entwurf sei ein konstruktiver Beitrag zur Diskussion und keine Provokation, erklärte Manuela Bottamedi (5 Sterne Bewegung). Er sehe eine einfache und klare Regelung zu Leibrenten und Diäten vor.
Die Einbringer der anderen Gesetzentwürfe ergriffen nicht das Wort.
Nachdem Dieter Steger eine Unterbrechung für eine Beratung unter der Mehrheit beantragte, schloss Präsident Diego Moltrer die heutige Sitzung.